Ein morgen im Dorf, wo die Berge beginnen

Veröffentlicht am 5. April 2025 um 13:02

Çakırlar, Konyaaltı

 


Genau dort, wo Antalyas dichter Stadtpuls langsamer wird, biegt die Straße nach Westen ab – Richtung Liman, Richtung Küste. Hinter den letzten Wohnblöcken und Gärtnereien schraubt sich ein schmales Asphaltband in die Ausläufer der Beydağları. Mit jeder Kurve scheint sich die Zeit selbst zu dehnen. Die Luft riecht nach Kiefern, der Asphalt schmal genug für zwei Spuren – und dann öffnet sich Çakırlar. Teils Weiler, teils Wochenendritual, eingebettet in eine grüne Falte zwischen Stadt und Berg.

Für viele Einheimische ist „Çakırlar Köyü“ längst nicht mehr nur ein Ortsname, sondern ein Versprechen: Frühstück. In den letzten zwanzig Jahren hat sich der verschlafene Vorposten zum festen Teil der sonntäglichen Routine entwickelt. Besonders an Wochenenden strömen Familien in gebügelten Jeans und Sommerkleidern herbei. Sie parken am Straßenrand, wo der Duft von Holzrauch, Brot und Teig in der Luft liegt. Was sie suchen, ist das, was Çakırlar perfektioniert hat: Köy kahvaltısı, das Dorffrühstück – kulturelle Institution und persönlicher Trost zugleich.

Dutzende Gözleme-Stände reihen sich entlang der Straße: einfache Holzpavillons mit Plastikstühlen und karierten Tischdecken. Frauen in geblümten şalvar-Hosen und Kopftüchern arbeiten im stillen Rhythmus: Eine rollt Teig auf niedrigen Tischen, eine füllt ihn mit Spinat, Käse oder Kartoffeln, eine andere backt ihn auf gewölbten Eisenplatten. Daneben dampfen çaydanlık-Kessel auf Kohleöfen und füllen unermüdlich kleine Tulpengläser mit starkem Schwarztee. Das Essen ist einfach, sättigend und ehrlich – frei von Trends, reich an Gewohnheit.

Trotz des Sonntagstrubels kehrt unter der Woche Ruhe ein. Die Marktstände, sonst überfüllt mit Auslagen, werden überschaubarer. Alteingesessene verkaufen Quitten, Walnüsse und Kakis aus Kisten, neben stapelweise gebrauchten Lipton-Kartons.

Hühner laufen zwischen Holzpfosten umher, Werkzeug klappert leise in kleinen Werkstätten. Handgeschriebene Schilder an Kiefernstämmen und Toren bieten demirci (Schmied), mobilya (Möbel), doğrama (Schreinerei) – keine romantisierte Rückkehr zum Handwerk, sondern schlichte Kontinuität.

Çakırlar hat zwei Gesichter. Es ist Teil der touristischen Landschaft – nah am Konyaaltı-Strand, Zwischenstopp auf dem Weg ins Skigebiet Saklıkent – und zugleich lebendiges Dorf. Beides funktioniert nebeneinander. Die traditionellen Frühstücksplatten mit Oliven, Weißkäse, Gurken, Tomaten, Acuka und Walnüssen landen auf Tischen von Wandergruppen wie von Großfamilien. Hier wird nicht gehetzt, Tee wird nachgeschenkt – und im Hintergrund wacht der Berg, mal klar, mal nebelverhüllt.

Çakırlar markiert auch eine Grenze. Dahinter verengt sich die Straße weiter, führt durch Kiefernwald in Richtung Nationalpark – vom Tiefland in die Berge, vom Tourismus in die Stille. Çakırlar ist mehr als ein Ort zum Frühstücken. Es ist das letzte Wort der Ebene, bevor die Berge zu sprechen beginnen.

Und übrigens: Die Fotos, die du siehst, sind zehn Jahre alt – mindestens. Wie wär’s morgen mit einem echten Dorffrühstück?

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